Zurück zur Blogseite

Wie bewältigen Senatorinnen und Senatoren mit ihren Unternehmen den Krisenalltag

 

Mein Name ist Gabriele Gramann und ich bin eine von drei Geschäftsführenden Vorständen des Hamburger Bildungsträgers WABE e.V.

In unseren 24 Kindertageseinrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern betreuen wir fast 3.000 Kinder. Dazu kommen noch eine Internationale Schule sowie weitere Betreuungsangebote im Nachmittags-Schulbetrieb mit rund 1500 Schülern. 

Das ist unser Alltag, unsere Normalität.

 

Jetzt aber haben wir Neuland betreten – und zwar weltweit.

Das Corona-Virus ist eine Pandemie, die nicht nur unser Gesundheitssystem auf eine harte Belastungsprobe stellt, sondern auch unsere Gesellschaft, unsere Gemeinschaft, unser Miteinander.

Momentan geht es für uns unter anderem darum, die Arbeitsplätze von über 800 Mitarbeiter*innen zu sichern und Mitarbeiter*innen ohne formale Grenzen individuell zu unterstützen.

Das sind Mitarbeiter*innen, die ihre kleinen Kinder zuhause betreuen müssen.

Und das sind Mitarbeiter*innen, die nicht zur Risikogruppe gehören und deren Kinder schon „groß“ sind, die mit wenigen Kolleg*innen eine Notbetreuung in den Kitas sicherstellen.

Wir müssen nicht nur seelischen Zuspruch bieten für Mitarbeiter*innen, die uns besorgt und ängstlich anrufen, sondern auch für Eltern. Nicht nur Eltern, die jetzt berufsbedingt einen Bedarf haben, sondern auch für jene, die sich ohnehin schon in einer Notsituation befinden und dringend unsere Unterstützung brauchen.

Eine für uns alle unbekannte Situation ist eingetreten.

Wir haben nicht die Kontrolle und können keine verbindlichen Aussagen über die Zukunft machen.

Aber – wir haben die Zuversicht, dass es uns im solidarischen Miteinander gelingt, für aktuelle Probleme und zukünftige Aufgaben Lösungen zu finden. Zusätzlich müssen wir uns mit Herausforderungen auseinandersetzen, die die wirtschaftliche Situation des Trägers sichern.

Schon heute müssen wir Fragen formulieren, um wirtschaftliche Engpässe aufzuzeigen, damit die jeweilige Landesregierung darauf bereits morgen „Antworten“ geben kann.

Gerade unsere Verwaltungsmitarbeiter arbeiten momentan gefühlt rund um die Uhr, um sicherzustellen, dass alles möglichst reibungslos funktioniert.

Und nicht nur das. Auch an neuen Standorten brauchen wir neue Wege. Ein Beispiel: Unsere Kita in Usingen befindet sich zwar aktuell noch im Bau, aber es ist eben auch nicht möglich, in der jetzigen Situation Bewerbungsinterviews vor Ort oder persönlich durchzuführen. Auch hier betreten wir Neuland, indem wir Personalauswahlverfahren ausschließlich über Skype und Facetime stattfinden lassen.

Wir sind gezwungen umzudenken.

Aber wir erleben vieles Neues für uns auch als Chance.

Wir können viel mehr bewegen, als wir vielleicht vorher gedacht und uns zugetraut haben.

Dadurch erkennen wir, wie stark unsere Werte sind, wie uns die eingespielte Arbeit im Team in dieser Situation hilft.

Das alles gelingt, weil wir uns als WIR empfinden.

Wir befinden uns in einer surrealen Situation.

Rational müssen wir erfassen: Wir befinden uns am Anfang einer Krisensituation.

Gleichzeitig scheint die Sonne.

In den Supermärkten gibt es – trotz zeitweise leerer Brot- und Toilettenpapier-Regale – immer noch viel mehr als wir brauchen und wir stehen in Kontakt mit vielen Menschen, die bei bester Gesundheit sind.

Deutlich wird der Ernst der Lage daran, dass es drastische Maßnahmen der Vorkehrung gibt.

Das ist Neuland. Und es verlangt uns allen viel ab.

Dass der Ausnahmezustand Unsicherheit, Unbehagen oder sogar Furcht auslöst, ist verständlich und nachvollziehbar.

Angst aber ist kein guter Ratgeber.

Wir sollten uns darauf besinnen, gelassen und überlegt zu reagieren.

Dazu gehört, den Anweisungen und Handlungsempfehlungen zu folgen, um dabei mitzuhelfen, dass sich das Virus nicht so schnell verbreiten kann.

Zum anderen können wir in unserem Umfeld dafür sorgen, dass unser Alltag trotzdem möglichst gut weiterlaufen kann.

Unsere Aufgabe als Bildungsträger und Kitabetreiber besteht jetzt darin, in unseren Einrichtungen die Betreuung der Kinder zu gewährleisten, deren Eltern im Bereich Versorgung und kritische Infrastrukturen arbeiten.

Alle unsere Kitas werden offengehalten und sind bereit zur Notbetreuung.

Ein positiver Aspekt dieser Krise ist aus meiner Sicht, dass wir einen neuen Blick bekommen.

„Systemrelevante Berufe“ – das ist so ein Begriff, der jetzt die Runde macht.

Vor wenigen Wochen wäre den meisten da wahrscheinlich noch nicht Erzieher*in oder Krankenpfleger*in eingefallen, auch keine Verkäufer*innen an den Kassen.

Uns wird nun vor Augen geführt, dass wir die Leistungen dieser Berufsgruppen allzu oft als selbstverständlich ansehen und ihren Wert nicht ausreichend schätzen.

Wir betreten aber nicht nur Neuland. Wir erleben auch ein neues Land.

In der Krise erweist sich, was in Menschen steckt. Und ich sehe mit Begeisterung, dass gerade jetzt unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über sich hinauswachsen.

Wir erleben persönliches Engagement und Umsicht, Eigenverantwortung und weitsichtige Entscheidungen.

Das alles ist großartig. Und das sehen wir nicht nur, sondern sagen es auch. Wir sind sehr stolz auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie sie diese Situation bewältigen.

Wir erleben zudem viel Herzlichkeit im Umgang miteinander.

Ob im Gespräch mit Kolleg*innen oder im Gespräch mit Eltern – wir spüren, dass unsere Schicksale miteinander verbunden sind, dass wir es nicht allein schaffen, dass Zuspruch wichtig ist – auch wenn dazwischen zwei Meter Abstand sind.

Keinen Abstand können und wollen wir zu unseren Kindern haben.

Auch wenn wir davon ausgehen können, dass Kinder vom Corona-Virus nicht besonders stark betroffen sind, weil sie wenig oder wenig ausgeprägte Symptome haben, so dürfen wir doch nicht vergessen, dass Kinder ein sehr feines Gespür dafür haben, Unsicherheiten in ihrer Umgebung wahrzunehmen.

Es ist unsere Verantwortung und unsere Aufgabe, für unsere Kinder da zu sein: ihre Fragen zu beantworten, ihnen eine Normalität zu bieten, ihnen gemeinsame Zeit zu schenken.

Ein freier Tag zuhause ist schön, auch zwei Tage, das kennen wir vom Wochenende. Aber die ganze Familie zuhause, parallel Homeoffice und nicht die üblichen Verabredungen oder Sport- und Musiktermine – das wird schnell auch zur Belastung.

Deshalb werden wir jetzt auch über unsere Homepage Ideen und Anregungen für diese neue Situation anbieten.

Bei Fragen, Sorgen und Nöten unserer Eltern sind wir jederzeit erreichbar.

Wir sind da. Und wir bleiben da. Es ist nicht alles Neuland.

Bleiben Sie gesund und passen Sie auf sich auf!

Ihre
Gabriele Gramann

Kommentare sind geschlossen.